Mia Bernoulli
die FOtografin
Zeppelin Museum Friedrichshafen
17.12.2021 – 24.04.2022
Mia Bernoulli
Von Ellinor Amini
Von Ellinor Amini
Der Bodensee – ein Ort der Kontemplation und Kreativität, damals, wie heute. Das haben auch Hermann Hesse und seine erste Frau Mia Bernoulli gespürt, als sie in Gaienhofen ihr blaues Haus bauten. Hermann Hesse lebte dort ein kreatives Leben und hatte genug Zeit für seine literarische Arbeit, da ihm Mia den Rücken freihielt – wie damals üblich. Alle reden bis heute über ihn und sein Werk, doch was ist mir ihr? Zur Huldigung des Bodensees und seiner kreativen Bewohner*innen darf diese Frau nicht fehlen! Die gebürtige Schweizerin Mia Bernoulli hatte einen sehr unüblichen Berufsweg für ihre Zeit, denn sie hatte einen Beruf! Sie war die erste Berufsfotografin der Schweiz. Ihrer Zeit weit voraus betrieb die selbstständige Fotografin mit ihrer Schwester ein Fotostudio in Basel und experimentierte auch künstlerisch – ein bekannter Treffpunkt für Kunstschaffende. Bis sie Hermann Hesse kennenlernte. Die gutangesehene, großbürgerliche Basler Familie Bernoulli war mit der Hochzeit mit dem damals noch wenig bekannten Schriftsteller nicht einverstanden, doch Mia setzte sich durch. Das kreative Paar wollte sich gemäß dem Motto „Lebensreform“, einer Gegenbewegung zur Industrialisierung, gerne in der Natur niederlassen und Mia Bernoulli wählte dazu das kleine Örtchen Gaienhofen am Bodensee aus. Das, von ihr möglicherweise idealisierte, ländliche Idyll, stellte Mia aber auch vor Schwierigkeiten, denn ihre moderne Form der Fotografie stieß bei der konservativen Bevölkerung nicht unbedingt auf Zuspruch. Was ihre kreative Ader stoppte und vermutlich der Beginn einer Manischen Depression war.
Zusätzlich wurde sie in ihrer Partnerschaft mit Hesse immer mehr in die Rolle einer Hausfrau und Mutter gedrängt bzw. ließ sich drängen und vereinsamte ohne ihren Mann, der durch das Reisen vor seiner Familie flüchtete. Wenn er einmal da war, dann folgte er einem strikten vegetarischen Diätplan, der unter anderem Zitronen statt Essig beinhaltete. Also musste Mia regelmäßig mit den kleinen Kindern im Boot hinüber auf die Schweizer Uferseite rudern und diese und andere seltene Lebensmittel beschaffen - während Hesse am sicheren Schreibtisch nach Worten suchte.
„Mia Bernoulli kauft Zitronen“ ist eine Hommage an diese starke HIDDEN SHERO, die das Wohl ihrer Familie vor ihre eigene Verwirklichung stellte und durch Unsichtbarmachung und ihre Selbst-Unsichtbarmachung und in Vergessenheit geriet.
Mia Bernoulli HEUTE
Damit das Werk von Mia Bernoulli nicht vergessen bleibt, dafür setzt sich die jetzige Besitzerin ihres Hauses in Gaienhofen ein: Eva Eberwein. Die Diplombiologin und ihr Ehemann halten das Erbe des Ehepaares Hesse aufrecht und geben im Sommer Führungen durch Haus und Garten. Durch die Familie Eberwein und das Team des „Förderverein Hesse-Haus und -Garten e.V.“ wird das Leben von Mia Bernoulli wieder lebendig und durch fundierte Quellen auch ihr großer Einfluss auf das Leben von Hermann Hesse klarer. Eva Eberwein forscht und schreibt über das Leben und Werk von Mia Bernoulli und bringt Schritt für Schritt Licht in das Dunkel der Biografie einer vergessenen Frau der Geschichte.
Dazu erschienen sind folgende Bücher:
Mia Hesse geborene Bernoulli als Photografin. Versuch einer Nahaufnahme // Eva Eberwein und Monika Leister // 2013 // Hermann-Hesse-Haus
Der Garten von Hermann Hesse: Von der Wiederentdeckung einer verlorenen Welt // Eva Eberwein (Autorin) und Ferdinand Graf Luckner (Fotograf) // 2016 // DVA
Das Haus von Mia und Hermann Hesse. Leben im Einklang mit der Natur. Die Villa in Gaienhofen am Bodensee // Eva Eberwein // 2022 // Prestel Verlag
Quellen.
Ich danke Eve Eberwein für das Gespräch am 16.12.2021
https://www.mia-und-hermann-hesse-haus.de
Tanja Schuhbauer - Nue Züricher Zeitung - 25.10.2019
https://tanjaschuhbauer.de/wp-content/uploads/2019/12/NZZ_Reise_MiaHesse_251019.pdf
https://tanjaschuhbauer.de/wp-content/uploads/2019/12/NZZ_Reise_MiaHesse_251019.pdf